Mykotoxine
Als Mykotoxine werden toxische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen bezeichnet. Sie gelangen entweder beim Anbau von Nahrungspflanzen (Primärkontamination), deren Lagerung (Sekundärkontamination) oder – im Fall von tierischen Lebensmitteln – über verschimmelte Futtermittel (carry-over) in die menschliche Nahrung. In der Literatur wird die Zahl der bisher identifizierten Mykotoxine mit 300–500 Einzelsubstanzen angegeben. Dabei bestehen zum Teil gravierende Unterschiede in der Toxizität dieser Substanzen. Auch die Zahl der Mykotoxin-bildenden Schimmelpilzspezies ist sehr groß. Grob vereinfacht lassen sich die wichtigsten Mykotoxine den Schimmelpilzgattungen Aspergillus, Penicillium, Fusarium, Alternaria und Claviceps zuordnen. Insbesondere Aspergillus und Penicillium sind dabei besonders hervorzuheben, da die durch diese Gattung gebildeten Aflatoxine zu den stärksten natürlich vorkommenden krebserregenden Substanzen gehören. Die durch Claviceps purpurea gebildeten Mutterkornalkaloide waren der Auslöser der im Mittelalter gefürchteten als „Antoniusfeuer“ bezeichneten Erkankung.
Getreide, Obst, Nüsse und Ölsaaten gehören zu den am häufigsten mit Mykotoxinen belasteten Lebensmitteln. Die Schätzung der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations), dass ca. 25 % der weltweiten Ernten mit Mykotoxinen belastet sind, ist allerdings differenziert zu betrachten, da je nach Toxin und Land gravierende Unterschiede auftreten können.
Berichte über akute Vergiftungen mit Schimmelpilzgiften (Mykotoxikosen) liegen kaum vor. Gravierender sind Langzeitfolgen einer chronischen Aufnahme von Mykotoxinen zu bewerten. Sehr gut belegt ist der Zusammenhang zwischen Leberkrebs und einer erhöhten Aufnahme von Aflatoxinen, neurologische Beschwerden bis hin zum Absterben von Gliedmaßen ausgelöst durch Mutterkornalkaloide oder eine immunsuppressive Wirkung mancher Fusarium-Toxine.
Unsere Gruppe ist auf die Analytik von Fusarien- und Alternaria-Toxine spezialisiert. Schimmelpilze der Gattung Fusarium befallen hauptsächlich Getreidepflanzen bereits auf dem Feld, was zu deutlich verringerten Ernten, geringeren Korngrößen und schlechteren Backeigenschaften führt. Die häufigsten Fusarien-bedingten Pflanzenkrankheiten sind Fusarium head blight bei Weizen und Gerste, sowie Fusarium ear rot bei Mais. Trichotecene, Fumonisine und Zearalenon gehören zu den wichtigen Fusariumtoxinen. Schimmelpilze der Gattung Alternaria können sowohl die Pflanzen direkt befallen und charakteristische Pflanzenkrankheiten hervorrufen, wachsen aber auch sehr gut auf gelagerten landwirtschaftlichen Produkten. Getreide, Kartoffeln, Obst, Gemüse und Ölsaaten sind häufig von einem Alternaria-Befall betroffen. Anders als für viele Fusarien-Toxine gibt es für Alternaria-Toxine bislang keine gesetzlichen Höchstwerte in der EU, sondern lediglich Richtwerte für die wichtigsten Substanzen (Alternariol, Alternariolmonomethylester und Tenuazonsäure). Aufgrund der strukturellen Vielfalt von Alternaria-Toxinengestaltet sich die Analytik bisweilen schwierig.
Abseits der gut erforschten und durch gesetzliche Höchstmengen geregelten Mykotoxine gibt es aber eine Reihe von Substanzen, deren toxikologische Bedeutung für die menschliche Gesundheit als kritisch einzustufen ist und die deshalb aktuell im Mittelpunkt der Forschung stehen. Man spricht dabei von „emerging mycotoxins“, zu denen bisher noch wenige toxikologische Werte und Daten zum Vorkommen in Lebensmitteln vorliegen. Am Lehrstuhl für analytische Lebensmittelchemie entwickeln wir Multimethoden für mit besonderem Schwerpunkt auf „emerging mycotoxins“. Dabei verwenden wir insbesondere die Technik der Stabilisotopenverdünnungsanalyse und stellen die dafür benötigen isotopenmarkierten internen Standard dabei selbst her, entweder durch chemische Synthese oder durch Isolation aus Kulturen.
Beispielhafte Projekte umfassen
- die Analyse von Fusarium-Toxinen in Gerstenmalz, insbesondere das Verhalten während des Brauprozesses,
- die drohnengestützte Auswertung von Fusariumbefall in Gerstenfeldern,
- die Quantifizierung von Alternaria- und Fusarium-Toxinen in pflanzlichen Milch- und Fleisch-Ersatzprodukten.
Publikationen: