TECHNISCHE EINHEIT FORSCHUNGSBRAUEREI
Gruppenleitung: Dipl.-Ing. Christoph Neugrodda
- Technischer Leiter der Forschungsbrauerei Weihenstephan
- Arbeitsgruppenleiter der Technischen Einheit Forschungsbrauerei
Die Technische Einheit Forschungsbrauerei ist eine wichtige Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis. Durch die verschiedenen Sudwerke gibt es die Möglichkeit in unterschiedlichen Maßstäben zu arbeiten und so Scale-up Prozesse hoch reproduzierbar darzustellen. Neben traditionellen Forschungsthemen wie Rohstoffevaluierung oder Rezeptentwickelung, liegt der Fokus auf innovativen Themen im Braubereich. Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Industrie 4.0 werden in der Forschungsbrauerei erforscht und umgesetzt.
Technische Ausstattung
SUDWERKE
Die Forschungsbrauerei Weihenstephan verfügt über insgesamt vier verschiedene Sudstraßen: das 8 hl Sudwerk (Forschungsbrauerei), das 80 l Sudwerk (Pilotsudwerk) und zwei 8l Sudwerke (Kleinsudwerk 1 & 2). Hierdurch ist es möglich mit Schüttung zwischen 1 kg und 200 kg zu brauen und das hochreproduzierbar. An den unterschiedlichen Sudwerken findet die Ausbildung der Brauwesenstudenten*innen genauso wie verschiedenste Forschungsarbeiten statt.
Das Sudhaus der Forschungsbrauerei ist ein 5-Geräte-Sudwerk. Im Jahr 2019 wurde in einem gemeinsamen Projekt mit der Siemens AG und der a-on AG das Leitsystem, die Steuerungskomponenten und die Elektroinstallationen grundlegend modernisiert. Als Leitsystem wird die neue Braumat-Version V8.0 genutzt (vgl. https://www.vew-brauer.de/aktuelles/digitalisierung-der-forschungsbrauerei-weihenstephan.html). Die Verrohrung und Schlosserarbeiten des vierteiligen Sudhausblockes wurden beim Bau des Sudwerkes 2005 von der Fa. Nerb GmbH & Co. KG durchgeführt. Als Pumpen werden Kreiselpumpen der Fa. Phillipp Hilge GmbH & Co. KG eingesetzt.
Geräte
Schrotmühle
Der Forschungsbrauerei stehen zwei Schrotmühlen zur Verfügung. Eine 4-Walzen-Trockenschrotmühle der Firma Bühler und eine WERKHUIZEN SCHEPENS N.V. Hammermühle.
Maischen
Das Maischsystem ist ein Steinecker ShakesBeer der Krones AG. Zusätzlich wurde ein Vormaischer (System Optimaischer von Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt GmbH) installiert.
Dekoktionskocher
Die Forschungsbrauerei verfügt über einen Dekoktionskocher der Firma Esau & Hueber GmbH. Der Dekoktionskocher kann als klassische Maischepfanne und als Rohfruchtkoffer (Überdruck 0,5 bar) eingesetzt werden.
Läutern
Der Forschungsbrauerei stehen zwei Systeme zur Fest-Flüssig-Trennung zur Verfügung: Läuterbottich Steinecker Pegasus der Krones AG und ein Maischefilter S/E/800/M/R/W von Andritz Separation GmbH.
Würzekochung
Die Forschungsbrauerei verfügte zu Beginn über fünf verschiedene Kochsysteme: Würzepfanne ohne Zwangsumwälzung (Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt GmbH) mit Innenkocher Steinecker Stromboli der Fa. Krones AG Werk, Außenkocher GEA ECOFLEX VT10 der Fa. Tuchenhagen Brewery Systems GmbH, System Varioboil der Fa. Nerb GmbH & Co. KG, System SchoKo der Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt GmbH. Aktuell wird die Würzepfanne mit Innenkocher eingesetzt.
Würzekühlung und Würzebelüftung
Die Würzekühlung EUROCAL 8 FHG der Fa. Fischer Maschinen- und Apparatebau AG erfolgt einstufig mit vorgekühltem Brauwasser. Die Würzebelüftung erfolgt mittels einer selbstentwickelten Würzebelüftung. Hier kommen Komponenten der Fa. Bürkert, der Fa. Nerb GmbH & Co. KG und ein Sensor der Hamilton Germany GmbH zum Einsatz.
Das Pilotsudwerk ist ein halbautomatisches 5-Geräte-Sudwerk mit einer Ausschlagmenge von 80 l. Es wurde in den 80er Jahren durch die Fa. Nerb GmbH & Co. KG gebaut und ständig modifiziert. Im 1. Quartal 2021 soll das Pilotsudwerk analog zur Forschungsbrauerei modernisiert werden.
Geräte
Schrotmühle
Für das Schroten der Rohstoffe steht eine 2-Walzen-Trockenschrotmühle (Künzel Maschinenbau GmbH) zur Verfügung.
Um mit geringstem Rohstoffeinsatz reproduzierbare und skalierbare Brauversuche im Labormaßstab durchführen zu können wurde im Jahr 2016 ein einzigartiges Kleinsudwerk entwickelt. Zusammen mit den Sponsoren Stefan Soiné (IREKS, Kulmbach) und der Firma Joh. Albrecht Brautechnik wurde ein vollautomatisches 4-Geräte-Sudwerk konstruiert und im alten Sudwerks der Versuchs- und Lehrbrauerei installiert. Das Kleinsudwerk besitzt einige Besonderheiten: mit Ausnahme des Whirlpools, sind die aus hochfestem Borosilicatglas gefertigten Gefäße sind frei auf Wägezellen gelagert und in vertikaler Richtung beweglich. Der Flüssigkeitstransfer kann somit ohne Zuhilfenahme einer Pumpe durch den hydrostatischen Druck verlustarm und frei von mechanischer Belastung durchgeführt werden. Die Gefäße sind so konstruiert, dass nicht nur ein Spülen mit Inertgas (N2, CO2) möglich ist, sondern auch eine Druckbeaufschlagung erfolgen kann. Im Jahr 2020 wurde eine modifizierte zweite Sudstraße eingebaut und in Betrieb genommen.
Das Prozessleitsystem der ersten Kleinsudstraße ist Brewmaxx V9 der ProLeiT AG. Im Rahmen eines Forschungsprojektes soll zusammen mit der Gimbio GmbH für die zweite Kleinsudstraße ein völlig neues Automatisierungskonzept (Hardware & Steuerung) entwickelt.
Auch in den kleinsten Sudstraßen der Technischen Einheit Forschungsbrauerei werden sämtliche Prozessparameter erfasst und dokumentiert um die Grundlage für ein reproduzierbares Brauen im Kleinstmaßstab zu gewährleisten.
Geräte
Schrotmühle
Für das Schroten der Rohstoffe im Kleinsudwerk wird eine 2-Walzen-Trockenschrotmühle (MIAG Braunschweig) genutzt.
GÄR- UND LAGERKELLER
Der Gär- und Lagerkeller der Forschungsbrauerei besteht aus sechs Tanks mit einem Nettovolumen von 20 hl der Firma Gross Behälterbau GmbH, acht 8 hl Tanks der Fa. C. Gresser Behälter- und Anlagenbau GmbH. Die Tanks können bis 3 bar Überdruck genutzt werden. Alle Tanks sind einzeln kühlbar und die 20 hl haben zusätzlich eine Heizmöglichkeit. Zur Reinigung sind Rotationsreiniger Xact Clean HP von der Firma Lechler GmbH verbaut. Die Tanks verfügen über verschiedene Sensoren (Drucksensoren, Temperatursensoren, Radar Füllstandsmessung), durch den Einbau von VariVent Anschlüssen ist ein Nachrüsten von Sensoren möglich. Des Weiteren gibt es noch einen Flotationstank (Fa. C. Gresser Behälter- und Anlagenbau GmbH) und zwei 120 hl liegende Lagertanks (Fa. C. Gresser Behälter- und Anlagenbau GmbH), welche als reine Lagertanks genutzt werden. Die Tanks verfügen über verschiedene Sensoren (Drucksensoren, Radar Füllstandsmessung), durch den Einbau von VariVent Anschlüssen ist ein Nachrüsten von Sensoren möglich. Für die Temperaturmessung werden Sensoren der Hengesbach GmbH & Co. KG eingesetzt.
Für das Pilot- bzw. das Kleinsudwerk 1 & 2 stehen zwei 50 l Tanks, sechs 30 l Tanks und zehn 10 l Tanks zur Verfügung. Sämtliche Tanks sind einzeln kühl- und heizbar und können als Unitank genutzt werden.
FILTRATION
Die Filtration kann über einen Schichten-Kombifilter BECO COMPACT PLATE 400 OC der Fa. E. Begerow GmbH & Co erfolgen. Komplettiert wird die Anlage durch eine Dosierstation BECO DOSIMAT 60 der Fa. E. Begerow GmbH & Co., deren Membranpumpenleistung zur Dosierung des gewünschten Filterhilfsmittels stufenlos zwischen 3 und 30 l/h geregelt werden kann.
Für die Filtration des Pilot- und Kleinsudwerkes steht ein Schichtenfilter SEITZ WERKE Type A20Z und ein Kerzenfilter zur Verfügung.
ABFÜLLUNG
Die Abfüllung erfolgt direkt vom Tank in das Fass. Dieses wurde vorher mithilfe der Kompaktanlage KegBoy C2 (Fa. KHS Maschinen- und Anlagenbau AG) gereinigt; dabei können sämtliche Fassgrößen gereinigt werden. Verwendet werden Kegs der Größen 5 l, 10 l, 15 l, 20 l, 30 l und 50 l mit Flachfitting. Zudem setzt die Forschungsbrauerei das SmartDraftTM System ein. Die Forschungsbrauerei nutzt Produkte der Firmen SCHÄFER Werke GmbH und Micro Matic Deutschland GmbH.
Zur Abfüllung von 5 l-Dosen wird ein Dosenfüller von Esau & Hueber genutzt.
Die Flaschenabfüllung erfolgt mittels eines Gruber Flaschenfüller FF2/14 Flaschenfüllers.
ENTALKOHOLISIERUNG
Neben der Produktion klassischer Biere gibt es in der Forschungsbrauerei die Möglichkeit alkoholfreie Biere herzustellen. Im Lebensmittel Technikum des Campus wird die thermische Entalkoholisierungsanlage DeAlcoTec der Firma Centec zu Lehr- und Versuchszwecken betrieben. Da es sich um eine industrieübliche Anlage mit einem Volumenstrom von 3-6 hl/h handelt, liegt die Batchgröße für einen Versuch bei 800 l. Durch das Vakuum, welches angelegt wird, können alkoholhaltige Matrices wie Wein oder Bier auf < 0,05 Vol.-% entalkoholisiert werden.
Die Besonderheit der Anlage ist eine, dem Entalkoholisierungsschritt nachgeschaltete Aromarückgewinnungseinheit, die es möglich macht biertypische Aromastoffe abzutrennen, sodass sie dem Endprodukt wieder zugeführt werden können.
Seit 2020 steht der Forschungsbrauerei Weihenstephan, sowie dem Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie eine Umkehrosmose-Pilotanlage der GEA Group AG zur Entalkoholisierung diverser Biere und Cider zur Verfügung. Dabei kommt die neuartige Membran des Typs „AromaPlus“ zum Einsatz. Die Entalkoholisierung erfolgt in zwei Phasen. In der ersten Phase kommt es zur Aufkonzentrierung. Hierbei wird dem zu entalkoholisierenden Getränk Flüssigkeit in Form von Wasser entzogen. In der nachfolgenden zweiten Phase wird der Alkohol mittels Diafiltration aus dem Konzentrat (Retentat) ausgewaschen. Es wird im Batch entalkoholisiert, wobei das Batchvolumen 50-100 l beträgt. Es können Gehalte von bis zu 0,05 vol.-% Alkohol mit Hilfe dieser Anlage erreicht werden. Die Pilotanlage wird für laufende Forschungen und Industrieaufträge eingesetzt.
VERSORGUNGSEINRICHTUNGEN
Umkehrosmoseanlage für Brau- und Kesselspeisewasser
Die Forschungsbrauerei verwendet Freisinger Stadtwasser welches durch eine Umkehrosmoseanlage der EUWA H. H. Eumann GmbH Wasseraufbereitungsanlagen aufbereitet wird. Das so gewonnene Brauwasser wird in drei Pufferspeichern: Brauwassertanks kalt (28 hl), Brauwasser warm (18 hl) und einem kühlbaren Brauwasserbehälter (13 hl) für die einstufige Würzekühlung gelagert. Mithilfe von zwei Hochleistungspumpen ETACHROM BC der Fa. KSB AG und einen Wassermischer werden die gesamten Sudanlagen versorgt. Die Brauwassertanks wurden von der Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt GmbH angefertigt.
Die Luftversorgung erfolgt durch eine in 2019 eingebaute Druckluftstation der Firma KAESER KOMPRESSOREN SE. Die Station ist als redundantes System aufgebaut. Es verfügt über zwei Drucklufterzeuger SM10 bzw. SM 13 SFC, zwei Zyklonabscheider F9KC mit ED31, zwei Drucklufttrocknern (TA 11) und verschiedenen Aufbereitungskomponenten. Die Station wird mittels des Sigma Air Manager 4.0 überwacht und gesteuert.
Eine Kälteanlage der Fa. Riedel GmbH versorgt die Forschungsbrauerei mit der benötigten Kälte, Pilotsudwerk und Kleinsudwerk. Das Pilot- bzw. Kleinsudwerk werden durch eine Kälteanlage der Firma Fa. AERMEC bzw. Lauda XT250 W versorgt.
MESS- UND REGELTECHNIK
Digitalisierung ist eines der Kernthemen der Technischen Einheit Forschungsbrauerei. Daher verfügen die Anlagen der Forschungsbrauerei über verschiedenste Mess- und Regeltechnik. Dabei werden unterschiedliche Sensortypen von mehreren Firmen eingesetzt. Auch die Möglichkeit neue Sensoren zu testen ist durch den modularen Aufbau möglich.
Für die Ventile, Leitungen und Armaturen der Anlagen wurden Produkte der Firmen Bürkert GmbH & Co. KG., GEA Group AG, GEMÜ Gebr. Müller Apparatebau GmbH & Co. KG, Albert Handtmann Armaturenfabrik GmbH & Co. KG, KIESELMANN GmbH, eingesetzt. Spezielle Armaturen (Dampfregel- bzw. Sicherheitsventile) werden von den Firmen Spirax Sarco GmbH bzw. ARI Armaturen GmbH & Co. KG genutzt. Die pneumatischen Einrichtungen stammen von der Fa. Festo AG & Co. KG.
FORSCHUNGSANLAGEN
Eine Propagationsanlage, entstanden aus einem ZIM Projekt mit der Firma Centec GmbH, kann aus einer Kleinstmenge an Hefe (10 ml) innerhalb weniger Tage 150 l Propagationshefe generieren. Zurzeit erfolgt die Planung eines neuen Hefemanagementsystems, welches mit Propagation- und Erntehefe in einem innovativen Setup arbeitet.
Das HTS-System ist ein modulares Fermentationssystem und eine interne Weiterentwicklung des EBC-Gärrohrs. Bei diesem System können verschiedenste Prozessparameter erfasst, verarbeitet und geregelt werden. Zurzeit erfolgt der Ausbau auf sechs Gärrohre und die Validierung des Gesamtsystems.